Beim Essen im Restaurant muss man oft viel zu sehr auf Etikette und Benimm achten, als dass man sich an den schönen Speisen erfreuen kann. Und dann diese ganzen Knigge-Regeln: Kaum einer weiß doch, wann welches Besteck zum Einsatz kommen muss und welches Glas nun für welches Getränk passt.
Wer vor all diesen modernen Regeln nur allzu gern ins Mittelalter flüchten möchte, kann dies tun. In der nahen Zitadellenschänke wird noch so gespeist, wie das vor Jahrhunderten in der Festung der Fall war. Für 49,95 Euro pro Person darf man sich am besten mit vielen Freunden, Bekannten und Kollegen in das steinerne Kaminzimmer der Zitadelle Spandau begeben.
Hier weigern sich dicke Holztische, sich unter dem Gewicht der Speisen zu beugen, knistern oberschenkeldicke Holzscheite im gewaltigen Kaminfeuer und hängen grob geschmiedete Kronleuchter von der meterhohen Decke. In diesem urigen Raum ist man dem Mittelalter tatsächlich näher als dem 21. Jahrtausend.
Nach einer zeremoniellen Handwaschung geht es schnell los mit der historischen Völlerei und dem Festungsgelage. Die Gäste bekommen direkt aus der „Küche des Alchimisten“ das „Elixier des Cagliostro“ gereicht – und zwar in einem echten Kuhhorn, das alle Diskussionen über das perfekte Glas zum Getränk überflüssig macht. Passend dazu kommt ein warmes Kraftbrot auf den Tisch – mit „Gruibenschmalz“. In diesem Kontext entdeckt der Gast seine Hände als Werkzeuge wieder. Denn den gesamten Abend über steht dem speisenden Gast nur ein grob behauener silberner Zinnteller im Verbund mit einem scharfen Messer zur Verfügung. Gabeln oder Löffel gibt es nicht, denn wozu hat der Mensch denn fünf Finger an jeder Hand?
Das kulinarische Motto des Festungsgelages wechselt alle zwei Monate. Im Mai und um Juni heißt es „Liebesmahl“. So finden sich in den Speisen Aromen, Gewürze und Zutaten, die direkt die Libido befeuern. Als würde das knackende Kaminfeuer nicht schon das seinige dazu beitragen!
In mehreren Gängen wird der Gast verwöhnt – mit einem „kräftig Sud von wilden Tieren“, einem gekräuterten Fastenknödel, einer Rosmarienkeule in Liebeswein gesotten und am Ende einer süßen Leckerei in Form von Zimtpfläumchen mit Schmand. Wer dann noch Hunger hat, kann sich an einer Käseplatte verlustieren. Am Ende heißt es: „Bist du gar schier abgespeyst, las es hören und las eyn kräftig Arschwind wehen.“
Für die Unterhaltung am Tisch sorgen mittelalterliche Spielleut‘, die deftige Lieder singen, die Trommel schlagen und auf dem Dudelsack spielen. Am Ende erfolgt sogar ein Ritterschlag – die Gäste bekommen so einiges geboten und gehen nach einem abwechslungsreichen Abend satt und zufrieden nach Hause. (Fotos/Text: CS)
Info: Zitadellen Schänke, Am Juliusturm, 13599 Berlin, Tel.: 030-3342106, www.zitadellenschaenke.de